Fahrerloses Transportsystem und DGUV: Vorschriften und Sicherheit

Fahrerlose Transportsysteme (FTS) revolutionieren die Logistik durch automatisierten Materialtransport. Doch ohne die Einhaltung der DGUV-Vorschriften drohen rechtliche, finanzielle und sicherheitstechnische Risiken. Unternehmen müssen klare Standards für Betrieb, Wartung und Risikominimierung umsetzen, um Mitarbeiter zu schützen und Effizienz sicherzustellen.

Kernpunkte:

Die Einhaltung dieser Vorgaben ist unverzichtbar, um Risiken zu minimieren und den Betrieb langfristig sicher zu gestalten.

Robotics & Safety: Interview zum Thema "FTS-Sicherheit" mit Jens Müller

Wichtige DGUV-Vorschriften für fahrerlose Transportsysteme

DGUV

Der sichere Betrieb von fahrerlosen Transportsystemen (FTS) in Deutschland basiert auf einem komplexen Regelwerk, das rechtliche Vorgaben, europäische Normen und nationale Gesetze miteinander verbindet. Diese Vorschriften schaffen einen klaren Rahmen für Sicherheit und Effizienz. Im Folgenden werden die wichtigsten Regelungen zusammengefasst.

DGUV Vorschrift 68 und 70: Ein Überblick

Die DGUV Vorschrift 68 („Flurförderzeuge“) bildet die Grundlage für den sicheren Einsatz von FTS. Sie legt klare Anforderungen fest, die sich auf die Beschaffung, Prüfung und den Betrieb solcher Systeme beziehen. Zu den zentralen Vorgaben gehören:

Praktisch bedeutet dies, dass FTS mit gut sichtbaren Warnhinweisen und Notstopp-Funktionen ausgestattet sein müssen. Fahrwege sollten klar markiert sein, und für mögliche Störfälle müssen geeignete Schutzmaßnahmen vorhanden sein. Eine sorgfältige Dokumentation aller Prüfungen, Wartungsarbeiten und Reparaturen ist ebenfalls Pflicht.

Die DGUV Vorschrift 70 („Verwendung von Arbeitsmitteln“) ergänzt diese Regeln durch allgemeine Sicherheitsanforderungen für technische Arbeitsmittel. Arbeitgeber sind verpflichtet, für die Bereitstellung, Wartung und Schulung im Umgang mit diesen Mitteln zu sorgen.

Europäische Normen und Richtlinien

Neben den DGUV-Vorschriften spielen europäische Normen eine wesentliche Rolle bei der Definition von Sicherheitsstandards für FTS.

Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG bildet den rechtlichen Rahmen auf EU-Ebene. Sie stellt sicher, dass grundlegende Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen bereits bei der Konstruktion und Herstellung berücksichtigt werden.

Eine zentrale Norm ist die DIN EN ISO 3691-4, die detaillierte Sicherheitsanforderungen für fahrerlose Flurförderzeuge definiert. Sie unterscheidet zwischen verschiedenen Einsatzbereichen und Gefährdungspotenzialen und fordert unter anderem:

Die EMV-Richtlinie 2014/30/EU stellt sicher, dass FTS gegen elektromagnetische Störungen geschützt sind. Zudem ist die CE-Kennzeichnung für alle FTS verpflichtend und bestätigt die Einhaltung der relevanten europäischen Richtlinien.

Nationale Vorschriften: Ergänzung der Sicherheitsstandards

Ergänzend zu den DGUV- und EU-Vorgaben regeln nationale Gesetze und Verordnungen den Einsatz von FTS in Deutschland. Dazu gehören:

Die Einhaltung all dieser Vorschriften erfordert ein gut organisiertes Sicherheitsmanagement. Es ist entscheidend, dass FTS-Projekte von Anfang an alle relevanten Vorgaben berücksichtigen und auf Änderungen in den Gesetzen flexibel reagieren können.

Sicherheitsrisiken und Minderungsstrategien

Der Einsatz fahrerloser Transportsysteme (FTS) birgt spezifische Sicherheitsrisiken. Um einen reibungslosen und vor allem sicheren Betrieb zu gewährleisten, sind gezielte Maßnahmen notwendig, die diese Gefahren minimieren.

Häufige Gefährdungen im FTS-Betrieb

Kollisionsrisiken
Automatisierte Fahrzeuge können mit Personen, anderen Fahrzeugen oder festen Objekten zusammenstoßen. Besonders kritisch sind Bereiche wie Kreuzungen oder enge Durchgänge, wo der Platz begrenzt ist.

Technische Ausfälle
Defekte Sensoren können die Umgebung falsch erfassen, während Softwarefehler unvorhersehbare Bewegungen der Fahrzeuge auslösen können. Zusätzlich können Kommunikationsprobleme zwischen FTS und der Leitstelle die Steuerung und Überwachung beeinträchtigen.

Mensch-Roboter-Interaktion
Mitarbeitende könnten das Verhalten der FTS falsch einschätzen, vor allem wenn sie nicht ausreichend geschult sind. Dies birgt ein erhöhtes Unfallrisiko, insbesondere bei Wartungsarbeiten während des laufenden Betriebs.

Umgebungsbedingte Gefahren
Unsichere Bedingungen wie rutschige Böden, schlechte Beleuchtung oder verschmutzte Sensoren können die Funktion und Sicherheit beeinträchtigen. Auch Temperaturschwankungen oder elektromagnetische Störungen können Probleme verursachen.

Um diese Risiken zu minimieren, sind technische und organisatorische Maßnahmen unerlässlich.

Sicherheitsmaßnahmen für die FTS-Integration

Moderne FTS setzen auf eine Vielzahl von Maßnahmen, die den Vorgaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) entsprechen:

Diese Maßnahmen bilden die Grundlage für umfassendere Sicherheitskonzepte.

Funktionale Sicherheit im FTS-Design

Redundante Systeme
Durch Backup-Sensoren und -Steuerungen bleibt der Betrieb auch bei Ausfällen einzelner Komponenten stabil.

Resiliente Navigation
Die Kombination verschiedener Ortungsmethoden wie Lasernavigation, Magnetspurführung und inertiale Systeme sorgt für einen sicheren Betrieb, selbst wenn einzelne Systeme ausfallen. Plausibilitätsprüfungen erkennen Abweichungen frühzeitig.

Sichere Kommunikation
Verschlüsselte Datenübertragung zwischen FTS und Leitstand stellt sicher, dass die Kommunikation geschützt bleibt. Bei Verbindungsproblemen fährt das FTS automatisch in einen sicheren Zustand.

Predictive Maintenance
Durch die kontinuierliche Überwachung von Sensordaten können potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und Wartungsarbeiten durchgeführt werden, bevor es zu Ausfällen kommt.

Integration in bestehende Sicherheitssysteme
FTS werden in übergeordnete Sicherheitssysteme eingebunden. Im Alarmfall fahren die Fahrzeuge automatisch in sichere Zonen oder stoppen kontrolliert.

Kontinuierliche Risikobeurteilung
Die Sicherheitsmaßnahmen werden regelmäßig überprüft und an veränderte Betriebsbedingungen angepasst. Neue Arbeitsplätze oder Prozesse erfordern eine erneute Bewertung der Gefährdungssituation.

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Technische Standards und Compliance-Anforderungen für FTS

Die technischen Anforderungen an fahrerlose Transportsysteme (FTS) basieren auf den zuvor beschriebenen Sicherheitskonzepten und sind entscheidend für einen sicheren Betrieb. Diese Standards regeln Design, Betrieb und Wartung und gewährleisten die Einhaltung der DGUV-Vorgaben. Im Folgenden werden die wichtigsten Normen und Anforderungen näher betrachtet.

DIN EN ISO 3691-4: Sicherheitskriterien

DIN EN ISO 3691-4

Diese Norm legt, in Übereinstimmung mit den DGUV-Vorgaben, klare Sicherheitsanforderungen für fahrerlose Flurförderzeuge fest. Sie berücksichtigt die besonderen Herausforderungen, die der Einsatz autonomer Fahrzeuge in Industrieumgebungen mit sich bringt. Zu den Hauptpunkten gehören:

Prüf- und Wartungsanforderungen

Die Sicherheit und Zuverlässigkeit eines FTS hängen maßgeblich von regelmäßigen Prüfungen und Wartungsmaßnahmen ab. Hierbei sind folgende Punkte besonders wichtig:

Kennzeichnungs- und Identifikationsstandards

Um das DGUV Test-Prüfzeichen zu erhalten, muss ein Produkt umfangreiche Typenprüfungen bestehen. Dabei können spezifische Kennzeichnungen wie „Funktionale Sicherheit geprüft“, „Steuerungssystem geprüft“ oder „Assistenzsystem geprüft“ vergeben werden. Diese Kennzeichnungen sind ein sichtbares Zeichen dafür, dass das System den festgelegten Sicherheitsanforderungen entspricht.

Umsetzung der DGUV-Standards in FTS-Projekten

Die Einhaltung der DGUV-Standards in Projekten mit fahrerlosen Transportsystemen (FTS) erfordert sorgfältige Planung und stetige Kontrolle. Eine durchdachte Umsetzung sorgt nicht nur für die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, sondern auch für einen sicheren und reibungslosen Betrieb.

Sicherheitsstandards in der FTS-Projektplanung

Die Berücksichtigung der DGUV-Richtlinien beginnt bereits in der Planungsphase. Risikoanalysen und Gefährdungsbeurteilungen bilden die Grundlage für jede sichere FTS-Implementierung. In diesem Schritt werden mögliche Gefahrenquellen identifiziert und bewertet, bevor technische Lösungen entwickelt werden.

Ein strukturierter Planungsprozess bindet alle relevanten Beteiligten frühzeitig ein. Diese Zusammenarbeit stellt sicher, dass Sicherheitsaspekte von Anfang an in die Projektkonzeption integriert werden.

Ein zentraler Bestandteil ist die klare Trennung von Personen- und Maschinenbereichen. Für jede Zone werden spezifische Sicherheitsmaßnahmen definiert, wie etwa reduzierte Geschwindigkeiten in Mischzonen oder das Sperren bestimmter Bereiche während des FTS-Betriebs. Mit diesem Ansatz setzt Emm! solutions auf eine durchgängige Sicherheitsstrategie.

Sicherheits- und Compliance-Ansatz von Emm! solutions

Emm! solutions

Emm! solutions verfolgt einen modularen Ansatz, der höchste Sicherheitsstandards mit Flexibilität kombiniert. Die Produktserien Eddy, Igor und Toni werden von Beginn an so entwickelt, dass sie den Anforderungen der DIN EN ISO 3691-4 entsprechen.

Das intelligente Flottenkoordinationssystem von Emm! solutions optimiert nicht nur die Transportwege, sondern berücksichtigt auch Sicherheitsanforderungen. Automatische Funktionen wie Kollisionsvermeidung, Geschwindigkeitsanpassung in kritischen Bereichen und die Integration mit anderen Anlagen sorgen für einen sicheren Betrieb.

Moderne SLAM-Technologien ermöglichen eine präzise Navigation, während redundante Sensoren einen sicheren Betrieb auch bei technischen Störungen gewährleisten.

Die IT-Integration erfolgt über geschützte Schnittstellen und Protokolle, um die Systemsicherheit zu garantieren.

Langfristige Sicherstellung der Compliance

Die Einhaltung der DGUV-Standards muss kontinuierlich überwacht und angepasst werden. Regelmäßige Überprüfung und Optimierung sind entscheidend, um die Sicherheit des Systems langfristig zu gewährleisten.

Emm! solutions setzt auf eine Kombination aus Ferndiagnose, Echtzeitüberwachung und regelmäßigen Schulungen. Die proaktive Überwachung ermöglicht es, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und Wartungsmaßnahmen rechtzeitig durchzuführen.

Mitarbeiterschulungen spielen eine zentrale Rolle. Sie umfassen nicht nur die Bedienung des Systems, sondern auch das richtige Verhalten in Notfällen und die Erkennung von Gefahrenquellen. Die Schulungsinhalte werden regelmäßig aktualisiert, um neue Erkenntnisse und Erfahrungen zu berücksichtigen.

Die systematische Analyse von Zwischenfällen und Beinahe-Unfällen ist ein weiterer wichtiger Baustein. Jedes Ereignis wird dokumentiert und analysiert, um Sicherheitsmaßnahmen kontinuierlich zu verbessern. Diese Analysen fließen zusammen mit Compliance-Audits in die Weiterentwicklung der Sicherheitskonzepte ein. Dabei werden sowohl technische Prüfungen als auch organisatorische Maßnahmen und Dokumentationen überprüft und angepasst.

Fazit

Die Einführung fahrerloser Transportsysteme (FTS) erfordert Sicherheitskonzepte, die den DGUV-Vorgaben entsprechen und sich an der DIN EN ISO 3691-4 sowie bewährten Regelwerken orientieren. Diese Standards sind entscheidend, um sowohl Sicherheit als auch Effizienz in den Planungsprozess zu integrieren.

Unternehmen, die frühzeitig auf Risikoanalysen setzen, können nicht nur Kosten senken, sondern auch die Sicherheit ihrer Systeme erhöhen. Beispiele wie die FTS-Serien Eddy, Igor und Toni von Emm! solutions zeigen, dass technologische Weiterentwicklung und gesetzliche Vorgaben Hand in Hand gehen können.

Regelmäßige Überwachung, Ferndiagnosen und gezielte Schulungen sind essenziell, um die Einhaltung der Standards langfristig sicherzustellen und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Systeme zu optimieren.

Mit den DGUV-Standards als Grundlage bieten FTS-Lösungen eine klare Orientierung für die Automatisierung von morgen. Eine durchdachte Planung, die Sicherheit und Effizienz von Beginn an miteinander verknüpft, ist der Schlüssel für den Erfolg von Industrie 4.0-Projekten. So wird der Weg für nachhaltige und zukunftssichere Automatisierung geebnet.

FAQs

Welche Schulungen sind notwendig, damit Mitarbeiter sicher mit fahrerlosen Transportsystemen (FTS) gemäß den DGUV-Vorschriften arbeiten können?

Mitarbeiter müssen gründlich geschult werden, bevor fahrerlose Transportsysteme (FTS) in Betrieb genommen werden, um die Sicherheit gemäß den DGUV-Vorschriften zu gewährleisten. Solche Schulungen sind unverzichtbar, um Unfälle zu vermeiden, Gesundheitsrisiken zu minimieren und eine reibungslose Integration der FTS in den Arbeitsalltag sicherzustellen.

Diese Schulungen sollten nicht nur vor der ersten Nutzung, sondern auch bei Änderungen der Arbeitsaufgaben, Arbeitsmittel oder der Arbeitsumgebung stattfinden. Regelmäßige Auffrischungskurse helfen dabei, das Wissen der Mitarbeiter auf dem neuesten Stand zu halten. Ziel ist es, ihnen die Sicherheitsanforderungen, mögliche Gefahrenquellen und den korrekten Umgang mit den Systemen zu vermitteln.

Wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre fahrerlosen Transportsysteme stets den aktuellen gesetzlichen Vorgaben und Sicherheitsstandards entsprechen?

Um sicherzustellen, dass fahrerlose Transportsysteme (FTS) den aktuellen Vorschriften und Sicherheitsstandards entsprechen, können Unternehmen verschiedene Ansätze verfolgen.

Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die regelmäßige Gefährdungsbeurteilung. Durch diese systematische Analyse lassen sich potenzielle Risiken frühzeitig erkennen. So können gezielt Schutzmaßnahmen entwickelt und umgesetzt werden, bevor Probleme entstehen.

Ebenso entscheidend ist die regelmäßige Schulung von Mitarbeitern und Führungskräften. Nur wenn alle Beteiligten die Systeme sicher und effizient bedienen können, lassen sich Risiken minimieren. Sicherheitsbeauftragte spielen hierbei eine zentrale Rolle und stehen als Ansprechpartner zur Verfügung.

Ein weiteres Element ist die klare Kennzeichnung von Verkehrswegen. Besonders in Bereichen, die öffentlich zugänglich oder räumlich eingeschränkt sind, müssen spezifische Anforderungen berücksichtigt werden. Dies trägt dazu bei, dass die Integration von FTS sowohl sicher als auch reibungslos funktioniert.

Schließlich sollten Unternehmen gesetzliche Vorgaben regelmäßig überprüfen und anpassen. Nur so bleibt die Compliance auch langfristig gewährleistet und die Systeme entsprechen stets den neuesten Standards.

Wie hilft die vorausschauende Wartung dabei, Sicherheitsrisiken bei fahrerlosen Transportsystemen zu reduzieren, und wie lässt sie sich erfolgreich umsetzen?

Die vorausschauende Wartung spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, Sicherheitsrisiken bei fahrerlosen Transportsystemen (FTS) zu reduzieren. Durch die frühzeitige Erkennung und Behebung potenzieller Ausfälle oder Störungen können gefährliche Situationen vermieden werden. Dies gelingt durch die kontinuierliche Überwachung der Systemkomponenten sowie die Analyse von Betriebsdaten, um den Wartungsbedarf genau vorherzusagen.

Ein wichtiger Aspekt für eine effektive Umsetzung ist die Planung regelmäßiger Inspektionen und die sorgfältige Pflege der mobilen Arbeitsmittel. Dabei sollten Kontrollbücher geführt werden, in denen sämtliche Überprüfungen und Wartungsmaßnahmen dokumentiert sind. Diese systematische Dokumentation und Auswertung tragen entscheidend dazu bei, die Betriebssicherheit langfristig zu sichern und mögliche Risiken zu minimieren.

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